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Eilverfahren Thierry Baudet: Paraphrasieren ist – auch aus juristischer Sicht – nicht dasselbe wie Zitieren

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Im Vorfeld wurde das Eilverfahren von Thierry Baudet und Forum voor Democratie (FvD) gegen die VPRO bereits als wenig aussichtsreich eingeschätzt. Es war daher nicht weiter verwunderlich, dass die Klage von Baudet und FvD abgewiesen wurde. Dennoch ergaben sich aus dem fundierten Urteil einige interessante Überlegungen. Beispielsweise geht der voorzieningenrechter (ein Richter, der sich in den Niederlanden speziell mit einstweiligen Verfügungen befasst) auf den juristischen Unterschied zwischen Zitieren und Paraphrasieren ein und zeigt auf, wie wichtig es ist, für eine korrekt formulierte Richtigstellung zu sorgen. Rechtsanwalt für Medienrecht Thomas van Vugt kommentiert das Urteil.

Zitat vs. Paraphrasierung

Der Grund für das Eilverfahren war in den Niederlanden wohl kaum jemandem entgangen: In der niederländischen Fernsehsendung Buitenhof vom 23. Februar 2020 stellte die Moderatorin in einem Interview mit dem ehemaligen FvdD-Parteimitglied Henk Otten eine einleitende Frage zu einer Äußerung von Baudet in der vorangehenden Woche in der Zweiten Kammer:

“Thierry Baudet sorgte letzte Woche in der Zweiten Kammer für Aufregung, als er sagte, er glaube, die EU habe einen vorgefassten Plan, die weiße europäische Rasse durch afrikanische Einwanderer zu ersetzen. Das veranlasste den stellvertretenden Premierminister De Jonge am vergangenen Freitag zu der Bemerkung, dass dies eine sehr radikale Ausdrucksweise sei, und ich möchte eigentlich an alle appellieren, sich dagegen auszusprechen. Was halten Sie davon?”

Die Moderatorin hatte also nicht wörtlich wiedergegeben, was tatsächlich gesagt worden war. Stattdessen hatte sie mit ihren eigenen Worten den Inhalt des Gesagten wiedergegeben. Also nicht zitiert, sondern paraphrasiert. In der Rechtsprechung ist festgelegt, dass eine paraphrasierende Person mehr Freiheit hat, aber auch, dass die Paraphrase dem Gesagten ausreichend gerecht werden muss. Und diese Verpflichtung wird umso größer, wenn die paraphrasierende Person weiß, dass es sich um ein (gesellschaftlich) sensibles Thema handelt und dass eine falsche Paraphrase der paraphrasierten Person schaden kann.

Der Wortlaut der Richtigstellung

In seinem Urteil wies der Richter die Argumente von Baudets Anwalt zurück. Er führte weiter aus, dass selbst wenn Unrechtmäßig Sind Sie neugierig über die Bedeutung von Unrechtmäßig? AMS Advocaten erklärt es.
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Unrechtmäßig
 gegen Baudet (und die FvD) gehandelt worden wäre, die Richtigstellung dennoch nichtig gewesen wäre. Der Richter hielt den geforderten Wortlaut der Richtigstellung für unzureichend. In dem Formulierungsvorschlag stand nämlich, dass Baudet nicht gesagt habe, dass er denke, „dass die EU einen vorgefassten Plan hat, die weiße europäische Rasse durch afrikanische Einwanderer zu ersetzen“, aber dies träfe nach Ansicht des Richters nur teilweise zu. Baudet habe zwar die Wörter „weiß“, „Rasse“ und „Ersatz“ nicht verwendet, aber alle übrigen Wörter seien von Baudet ausgesprochen worden, wie im Urteil zu Recht festgestellt wurde.

Schaden müsse glaubhaft sein

Jede Partei, die eine Richtigstellung verlangt, muss einen Schaden erlitten haben. Dieser Schaden muss nicht in einem Eilverfahren nachgewiesen, aber muss glaubhaft dargelegt werden. Auch hier lief es schief für Baudet und die FvD. Baudets Anwalt bezog sich in der Klage zur Begründung des angeblichen Schadens auf Zeitungsartikel, aber der Richter wies auf subtile Weise darauf hin, dass sich diese Artikel alle auf die Situation bezögen, die entstanden war, nachdem Baudet die VPRO öffentlich zur Richtigstellung aufgefordert hatte, woraufhin die VPRO dies ablehnte. Darüber hinaus entschied das Gericht, dass Baudet durch sein Bemühen um Publicity wahrscheinlich dafür gesorgt hatte, dass inzwischen mehr Menschen von der nach der Sendung entstandenen Publicity Kenntnis hatten als nur die Zuschauerzahl der Buitenhof-Sendung.

Die Lehre, die man aus diesem Eilverfahren ziehen kann, lautet: Paraphrasieren ist (auch aus juristischer Sicht) etwas anderes als Zitieren. Denken Sie gründlich über den genauen Wortlaut einer Richtigstellung nach und sorgen Sie dafür, dass Sie nicht nur angeben, dass ein Schaden vorliegt, sondern diesen auch glaubhaft begründen.

Thomas van Vugt

Thomas van Vugt

Thomas berät und führt Prozesse in den Bereichen Vertragsrecht, Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht, Mietrecht und Medienrecht. Sehen Sie sich hier seine Erfolgsbilanz an. Folgen Sie Thomas auf LinkedIn.

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