Das UN-Kaufrecht findet Anwendung auf internationale Kaufverträge über bewegliche Sachen, die nicht für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind.
Kürzlich entschied das niederländische Gericht von Zeeland-West-Brabant über die Frage, ob das Wiener Kaufrecht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden kann und ob die Untersuchungs- und Rügepflicht erfüllt wurde.
Das folgende Fallbeispiel behandelt einen Rechtsstreit zwischen einem niederländischen und einem spanischen Unternehmen und lässt sich ebenso auf deutsche Unternehmen übertragen, die mit niederländischen Unternehmen Handel treiben.
Im Folgenden erläutert der niederländische Rechtsanwalt Onno Hennis die Hintergründe.
Das UN-Kaufrecht (im Englischen auch „United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods”, kurz CISG, im Niederländischen auch „WKV”) gilt für internationale Kaufverträge zwischen Kaufleuten (d. h. Verbraucher sind ausgenommen) über bewegliche Güter.
Die Niederlande sowie nahezu alle wichtigen Handelspartner, darunter Deutschland, die Vereinigten Staaten, China, Frankreich und Japan (mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs), sind Vertragsparteien des CISG.
Sofern das CISG nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, findet es Anwendung. Die Bestimmungen des CISG haben Vorrang vor den niederländischen Rechtsvorschriften.
Ein nach dem CISG geschlossener
Vertrag
Die Urkunde, worin ein Vertrag zwischen den Parteien begründet wird. In weiterem Sinn wird damit auch der Vertrag selbst bezeichnet.
» Meer over vertrag
Vertrag kann beispielsweise nur unter erschwerten Bedingungen aufgelöst werden: Ein wesentlicher Verstoß ist erforderlich, nicht nur eine bloße Nichterfüllung.
Im vorliegenden Fall diskutieren das niederländische Unternehmen Organto und das spanische Unternehmen Axarfruit über eine Lieferung Avocados.
Axarfruit kaufte Avocados von Organto für 25.000 €. Die Avocados wurden von Organto zuvor in Kolumbien erworben und über die Niederlande nach Spanien transportiert. Bei der Ankunft in Spanien stellte Axarfruit fest, dass die Qualität der Avocados mangelhaft war, und verweigerte die Zahlung des vereinbarten Betrags von 25.000 €.
Organto hat daher vor den niederländischen Gerichten auf Zahlung dieses Betrags geklagt. Dieser Rechtsstreit zwischen einem spanischen und einem niederländischen Unternehmen ist nur ein Beispiel und könnte genauso zwischen deutschen und niederländischen Unternehmen auftreten, bei dem das CISG Anwendung findet.
Der Kaufvertrag zwischen Organto und Axarfruit unterliegt grundsätzlich dem CISG, da beide Parteien in Vertragsstaaten ansässig sind und der Kaufvertrag sich auf bewegliches Vermögen bezieht.
Dies gilt nicht, sofern die Parteien die Anwendbarkeit des CISG vertraglich ausgeschlossen haben. Im Jahr 2005 hat der Hoge Raad (Oberster Gerichtshof der Niederlande) entschieden, dass anhand des CISG selbst zu beurteilen ist, ob allgemeine Geschäftsbedingungen Teil des Kaufvertrags sind.
Gemäß des CISG werden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nur dann Bestandteil eines Kaufvertrags, wenn eine angemessene Möglichkeit zur Kenntnisnahme besteht.
Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die AGB auf der Rückseite des Vertrags abgedruckt waren oder wenn sie ausdrücklich zugesandt wurden. In der vorliegenden Auftragsbestätigung von Organto, welche erst nach Abschluss der Verhandlungen versandt wurde, findet sich ein Verweis auf die eigenen AGB.
In der Auftragsbestätigung wurde zudem darauf hingewiesen, dass die AGB zugesandt würden. Die Zusendung erfolgte jedoch nicht. Das niederländische Gericht stellte daher fest, dass der Ausschluss des CISG nicht rechtswirksam war.
Die Regeln des CISG sind daher zur Beurteilung dieses Streitfalls heranzuziehen.
Gemäß dem CISG ist der Käufer verpflichtet, die gekauften Waren innerhalb einer angemessenen Frist zu prüfen, wobei die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen.
Wenn der Vertrag den Transport der Waren umfasst, kann die Prüfung aufgeschoben werden, bis die Waren am Bestimmungsort angekommen sind (z.B. in Deutschland, in den Niederlanden, oder hier in Spanien).
Unternehmen müssen gemäß CISG innerhalb einer angemessenen Frist mitteilen, ob sie Mängel vermuten.
Diese Mitteilung muss so detailliert wie möglich sein, damit das jeweilige Unternehmen im anderen Land den angeblichen Mangel genau beurteilen und geeignete Maßnahmen ergreifen kann.
Im vorliegenden Fall wurde im Kaufvertrag zwischen Organto und Axarfruit keine Regelung zum Transport der Avocados von den Niederlanden nach Spanien vereinbart.
Axarfruit war somit für die Organisation des Transports selbst verantwortlich.
Des Weiteren handelte es sich um potenziell verderbliche und empfindliche Waren. Daher oblag es Axarfruit, die Avocados vor dem Transport nach Spanien zu kontrollieren. Eine entsprechende Kontrolle durch Axarfruit hat nicht stattgefunden.
Zudem war Axarfruit verpflichtet, unmittelbar nach der Kontrolle eine Reklamation vorzunehmen. Auch dies wurde von Axarfruit versäumt. Das Gericht entschied daher, dass Axarfruit seiner Untersuchungs- und Rügepflicht nicht nachgekommen war.
Das Gericht verurteilte Axarfruit zur Zahlung der Avocados zuzüglich Zinsen und Kosten.
Wir stehen deutschen Unternehmen und Privatpersonen in den Niederlanden jederzeit für eine Beratung zur Verfügung. Bei Fragen zum niederländischen Prozessrecht und (internationalem) Vertragsrecht wenden Sie sich bitte an unseren deutschsprachigen Anwalt Onno Hennis, Telefon +31 20 308 03 15.