Die niederländische Zivilprozessordnung enthält neben den grundlegenden rechtlichen Verfahrensvorschriften die Bestimmungen zu zivilrechtlichen Beweisen (einschließlich der Bestimmungen zur Würdigung und Erhebung von Beweisen). Die Beweisvorschriften in der Zivilprozessordnung gelten für alle Zivilprozesse (sowohl Verfahren, die durch eine Klageschrift eingeleitet werden als auch Antragsverfahren). Bei einigen bestimmten zivilrechtlichen Verfahren steht die Natur der Sache der Anwendbarkeit der Beweisvorschriften im Weg. Das gilt z. B. für Eilverfahren zum vorläufigen Rechtsschutz (bei denen der Gerichtsvorsitzende nur eine vorläufige Entscheidung trifft, die nicht bindend für die Hauptsache ist) und in der zweiten Phase des Enquête-Verfahrens vor der Unternehmenskammer des Berufungsgerichts in Amsterdam. Die Beweisvorschriften gelten nicht für Schiedsverfahren.
Grundsätzlich können alle Beweismittel auch als solche verwendet werden. Es gibt keine Einschränkungen: Bandaufnahmen, Zeugen vom Hörensagen oder gerichtsmedizinische Berichte – alles darf als Beweismittel verwendet werden. Sogar gestohlene oder anderweitig rechtswidrig erlangte Beweismittel werden meistens als Beweismittel zugelassen (ungeachtet der Tatsache, dass der Weg zur Erlangung des Beweismittels evtl. eine Straftat darstellt). Bei Zivilprozessen sind die Parteien gehalten, alle rechtserheblichen Tatsachen vorzubringen und alle rechtserheblichen Beweismittel zu benennen. In der Praxis wird diese Vorschrift jedoch nicht immer konsequent angewandt.
Bei niederländischen Zivilverfahren kann das Gericht seine Entscheidung nur auf Tatsachen gründen, die von einer der Parteien klar als solche vorgebracht wurden und von den anderen Parteien nicht bestritten werden, oder auf Tatsachen, die gemäß den Beweisvorschriften bei Verfahren belegt (bewiesen) wurden. Das Gericht ist passiv: das Gericht darf die Entscheidung nicht auf Tatsachen gründen, die von keiner der Parteien vorgebracht wurden. Das Gericht kann alle vorgelegten Beweismittel nach eigenem Ermessen würdigen; einige Beweismittel gelten jedoch als schlüssig, z. B. eine vor einem niederländischen Notar unterzeichnete Urkunde (notarielle Urkunde).
Die Verfahrenspartei, die sich auf die rechtlichen Folgen der von ihr vorgebrachten Tatsachen oder Rechte abstützt, trägt die Beweislast, soweit das Gesetz keine spezifischen anderslautenden Vorgaben enthält, oder soweit diese Beweislast nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Angemessenheit und Fairness steht. Die Beweislast wird daher in den meisten Fällen beim Kläger liegen. Grundsätzlich trägt die Partei, die ihren Anspruch (z. B.) auf eine zurechenbare Verletzung der anderen Partei bei der Vertragserfüllung gründet, die Beweislast in Bezug auf (1) die Verletzung (den Vertragsbruch) und alle im Zusammenhang damit vorgebrachten Tatsachen, insoweit sie für die Entscheidung rechtserheblich sind, und (2) den Zusammenhang zwischen dem angeblichen Vertragsbruch und dem geltend gemachten Schaden.
Falls jedoch eine Partei zur Verteidigung vorbringt, dass sie eine gewisse Zahlung getätigt hat, liegt die Beweislast für diese Zahlung bei dieser Partei. Es steht den Parteien im Allgemeinen frei, vertraglich von der Hauptvorschrift abzuweichen. Das Risiko, keine (ausreichenden) Beweismittel vorlegen zu können, liegt daher auch bei der Partei, die die Beweislast trägt; das wird als “Beweisrisiko” bezeichnet. Die andere Partei (die Partei, die keine Beweislast trägt) darf immer einen Gegenbeweis vorlegen. In diesem Fall liegt die Beweislast jedoch weiterhin bei der Partei, die die Beweislast trägt; die Beweislast geht nicht auf die andere Partei über. Zur Vorlage eines Gegenbeweises muss die andere Partei lediglich Beweismittel vorlegen, die die von der anderen Partei vorgebrachten Beweismittel (ausreichend) widerlegen. Das ist in der Regel einfacher, als einen vollen Beweis zu erbringen.
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