Zivilverfahren werden in den Niederlanden in der Regel mit einer Vorladung (und in einigen Fällen mit einer Klageschrift) eingeleitet. Der Beklagte erhält die Vorladung von einem Gerichtsvollzieher, der sie ihm förmlich zustellt. Nach der Zustellung reicht der Kläger die Ladung zum festgelegten Termin bei Gericht ein.
Wenn der Beklagte der Vorladung zustimmt, kann er sich mit dem Anwalt des Klägers in Verbindung setzen. Erzielen die Parteien vor der Anhörung eine Einigung, kann der Kläger das Verfahren beenden (z. B. indem er die Vorladung nicht einreicht). Dadurch können unnötige Kosten, z. B. Gerichtsgebühren, vermieden werden.
Nach dem ersten Termin der mündlichen Verhandlung prüft das niederländische Gericht die Klagebefugnis beider Parteien und legt eine Frist für die Einreichung der Klageerwiderung durch den Beklagten fest. Die Klageerwiderung ist eine schriftliche Verteidigung gegen die Vorladung.
In der Regel hat der Beklagte sechs Wochen Zeit, diese Verteidigung zu formulieren. Mit Zustimmung der Gegenpartei kann diese Frist verlängert werden. Die Klageerwiderung enthält formale, faktische und rechtliche Argumente, um die Forderung des Klägers zu bestreiten.
In der Klageerwiderung kann der Beklagte nicht nur einen entsprechenden Einspruch einreichen, sondern auch einen Gegenanspruch erheben. Letzteres wird als Widerklage bezeichnet. Die ursprüngliche Forderung des Klägers wird als Hauptklage bezeichnet. Beide Klagen werden im selben Verfahren verhandelt, wobei das niederländische Gericht sowohl über die Haupt- als auch über die Widerklage entscheidet.
Der Anwalt des Beklagten kann der Klageerwiderung Beweismittel beifügen, die deren Argumentation stützen. Außerdem können Zeugen gebeten werden, ihre Aussagen schriftlich zu dokumentieren (schriftliche Zeugenaussage).
Die Parteien haben die Möglichkeit, schriftliche Vorträge zu halten, aber auch Zeugen zu vernehmen oder Sachverständigengutachten einzuholen, um Beweise zu erbringen. Das niederländische Gericht kann zu diesem Zweck zusätzliche Anhörungen anordnen. Grundsätzlich gilt, dass offiziell geladene Zeugen per Gesetz in den Niederlanden dazu verpflichtet sind, eine Aussage zu tätigen. Die Parteien können auf Antrag der Gegenpartei oder aus eigener Initiative selbst als Zeugen auftreten.
Eine Ausnahme besteht in den Fällen, in denen sich ein Zeuge auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen kann. Danach ist er nicht verpflichtet, eine Aussage zu tätigen und kann diese verweigern. Dieses Recht steht ausschließlich bestimmten Zeugen zu.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, vor Beginn des Verfahrens vorläufige Zeugenvernehmungen durchzuführen. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Einschätzung der Erfolgsaussichten der Klage und verhindert den Verlust wichtiger Beweise.
Auf Antrag der Parteien (oder durch das Gericht selbst) können Sachverständige hinzugezogen werden. Die Hinzuziehung kann in Form einer mündlichen Anhörung oder in Form eines schriftlichen Gutachtens erfolgen.
Neben der Beweisführung durch Dokumente, Zeugen oder Sachverständige kann auch ein Rechtsgutachten (sog. Legal opinion) als Beweismittel dienen. Ein Rechtsgutachten ist eine schriftliche Feststellung der Rechtslage durch einen niederländischen Anwalt, zum Beispiel im internationalen Handel oder in internationalen Gerichtsverfahren.
Wir stehen deutschen Unternehmen und Privatpersonen in den Niederlanden jederzeit für eine Beratung zur Verfügung. Bei Fragen zum niederländischen Prozessrecht wenden Sie sich bitte an unseren deutschsprachigen Anwalt Onno Hennis, Telefon +31 20 308 03 15.