Eine Partei, die eine Vorladung erhält, wird darin aufgefordert, an einem bestimmten Tag – abhängig vom Verfahren mit Rechtsanwalt oder ohne- vor der betreffenden richterlichen Instanz zu erscheinen. Wenn der Beklagte an dem Tag, für den er vorgeladen ist, nicht erscheint, dann prüft der Richter, ob die formellen Anforderungen zur Vorladung und zum Erscheinen erfüllt wurden.
Wenn der niederländische Richter der Meinung ist, dass der Beklagte auf ordnungsgemäße Weise vorgeladen wurde, aber nicht (oder nicht auf die richtige Weise), zum Beispiel nicht mit Anwalt zu der Verhandlung erschienen ist, dann stellt der Richter ein Versäumnis fest. Auch wenn der Beklagte die Kanzleigebühr nicht rechtzeitig entrichtet, obwohl dies in der Vorladung dargelegt war, wird der Richter ein Versäumnis feststellen. Gegen den Beklagten, gegen den ein Versäumnis festgestellt wurde, wird der Forderung stattgegeben, es sei denn, diese Forderung kommt dem Richter unrechtmäßig oder unbegründet vor.
In der Praxis prüft der Richter nur sehr marginal, ob ihm die Forderung „unrechtmäßig oder unbegründet“ vorkommt. In der Praxis wird auch weitreichenden Forderungen bei Versäumnis (nahezu) ganzheitlich stattgegeben. Ein Beklagter kann sich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass der Richter die Rechtmäßigkeit und Begründetheit der Forderung tiefgehend beurteilen wird. Das (Versäumnis)-Urteil wird, sofern gefordert, im Prinzip auch für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das bedeutet, dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs (oder einer Berufung, was manchmal erforderlich ist), die Vollstreckung des Urteils nicht aufschiebt. Gegen ein Versäumnisurteil muss (in den meisten Fällen) keine Berufung, sondern Einspruch eingelegt werden. Ein ordnungsgemäß eingelegter Einspruch führt dazu, dass die Sache nachträglich im Widerspruchsverfahren von der gleichen Instanz behandelt wird, die das Versäumnisurteil ausgesprochen hat. Dies im Gegensatz zur Berufung, die bei einer anderen, höheren Instanz – dem Gerichtshof – behandelt wird.
Ein Widerspruchsverfahren wird somit bei dem Richter geführt, der das Versäumnisurteil gesprochen hat. Das Widerspruchsverfahren beginnt mit einer Vorladung. Dabei lädt der zu Versäumnis verurteilte Beklagte den ursprünglichen Kläger vor. Die Ladung des Gläubigers zur Aufhellung eines Versäumnisurteils gilt als Klageerwiderung (das heißt: Einspruch gegen die Klage) und kann eine eventuelle Gegenklage (Widerklage) beinhalten. Der Einspruch eröffnet das Verfahren somit in der Tat erneut, das dann nachträglich behandelt wird.
In Sachen, in denen der Beklagte nicht persönlich prozessieren kann, muss der Einspruch von einem Rechtsanwalt eingelegt werden, der sich bei der Ladung des Gläubigers zur Aufhellung eines Versäumnisurteils vor den Einspruchskläger stellt.
Die Fristen zur Einlegung eines Einspruchs sind kurz. Im Prinzip ist die Frist für die Vorlage einer Ladung des Gläubigers zur Aufhellung eines Versäumnisurteils vier Wochen nach persönlicher Zustellung des Urteils oder nach dem Datum, an dem die zu einem Versäumnis verurteilte Person eine Handlung vorgenommen hat, aus der hervorgeht, dass sie den Inhalt des Urteils kennt. Die kurzen Fristen bringen mit sich, dass der Rechtsanwalt von dem zu Versäumnis verurteilten Beklagten innerhalb von vier Wochen nicht nur die formelle Ladung des Gläubigers zur Aufhellung eines Versäumnisurteils erstellen, sondern auch den vollständigen Widerspruch gegen die geltend gemachte Forderung formulieren muss. Darum empfiehlt es sich, schnellstmöglich einen Rechtsanwalt zu konsultieren, wenn Sie (versehentlich) auf Versäumnis verurteilt werden.
Die kurze Frist ist hart: Wenn die Ladung des Gläubigers zur Aufhellung eines Versäumnisurteils einen Tag zu spät vorgelegt wird, ist der Kläger im Widerspruchsverfahren unzulässig und das Versäumnisurteil ist unwiderruflich geworden. Die Einspruchsfrist kann zu drei verschiedenen Zeitpunkten zu laufen beginnen. Die Fristen können zudem je nach Wohnort des Beklagten abweichen:
Die Einspruchsfrist beträgt acht Wochen, wenn der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung oder eines Akts eidesstattlicher Erklärung keinen Wohnort in den Niederlanden hatte, sein Wohnort oder tatsächlicher Aufenthaltsort außerhalb der Niederlande jedoch bekannt ist. Wenn der Wohnort des Beklagten in oder außerhalb der Niederlande unbekannt ist, fängt die Einspruchsfrist erst an dem Tag an, an dem das Urteil vollstreckt wird.
Das Versäumnisurteil und das Rechtsmittel des Einspruchs gilt nur bei Vorladungsverfahren. Bei Antragsverfahren- die manchmal auch zu ernsthaften Zahlungsverurteilungen führen können, wie Unterhaltungsverpflichtungen usw.- ist das Rechtsmittel des Einspruchs unbekannt. Zwar legt das Gesetz nicht fest, dass das Gericht in einem Antragsverfahren dem Antrag stattgeben wird, außer wenn dieser ihm unrechtmäßig oder unbegründet vorkommt, aber in der Praxis passiert das häufig doch. Bei Antragsverfahren besteht nur das Rechtsmittel Berufung (und danach eventuell Revision).