Für deutsche Unternehmer und Privatpersonen, die in den Niederlanden geschäftlich tätig, ist es wichtig, die arbeitsrechtlichen Bestimmungen rund um den niederländischen Kündigungsschutz genau zu kennen. Im Vergleich zum deutschen Arbeitsrecht bestehen einige Unterschiede.
So sieht das niederländische Arbeitsrecht z.B. vor, dass ein Arbeitgeber den
Arbeitsvertrag
Der Vertrag, wodurch sich die eine Partei, der Arbeitnehmer, verpflichtet, für bestimmte Zeit im Dienst der anderen Partei, des Arbeitgebers, gegen Entlohnung Arbeit zu verrichten...
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Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers während der ersten zwei Jahre seiner Krankheit nicht kündigen darf. Es handelt sich jedoch nicht um ein Verbot, einen Arbeitnehmer „während“ seines krankheitsbedingten Ausfalls zu entlassen. Jedoch ist es in den Niederlanden gesetzlich verboten, den Arbeitnehmer „wegen“ seiner Krankheit zu entlassen.
Liegt ein zwingender Grund für die Auflösung des Arbeitsvertrags vor und steht dieser Grund nicht im Zusammenhang mit der Krankheit des Arbeitnehmers, so wird das niederländische Gericht in der Regel dennoch die Auflösung des Arbeitsvertrags vornehmen. So kann eine Kündigung aufgrund einer Umstrukturierung oder der Nichteinhaltung von Wiedereingliederungspflichten durchaus möglich sein, wenn ein Arbeitnehmer krank ist.
Erkrankt der Arbeitnehmer, nachdem der Arbeitgeber beim niederländischen Sozialversicherungsträger (Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen (UWV)) eine Kündigunggenehmigung beantragt hat oder nachdem der Arbeitgeber beim Amtsgericht einen Auflösungsantrag gestellt hat, dann war die Krankheit nicht der Grund für die Kündigung und der Arbeitnehmer kann entlassen werden.
Unter bestimmten Umständen kann ein Arbeitsvertrag dennoch gekündigt werden, wenn ein Grund vorliegt, der unmittelbar mit der Krankheit des Arbeitnehmers zusammenhängt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig krank ist.
So hat das Bezirksgericht Zwolle im Jahr 2009 festgestellt, dass ein Arbeitsvertrag enden muss, wenn der Anwalt des Arbeitgebers nachweisen kann, dass die krankheitsbedingte Abwesenheit eines Arbeitnehmers so schwerwiegende Folgen für die Produktions- und Betriebsabläufe hat, dass – unter Berücksichtigung der übrigen Umstände des Falles wie Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit, deren Ursache und Heilungswahrscheinlichkeit – der Arbeitsvertrag arbeitsrechtlich zu beenden ist. Das niederländische Gericht wird auch die Situation, in der der Arbeitgeber durch die Krankheit des Arbeitnehmers in finanzielle Schwierigkeiten gerät, bei der Entscheidung über die Auflösung des Arbeitsvertrages berücksichtigen.
Ist ein Arbeitnehmer in den Niederlanden zwei oder mehr Jahre ununterbrochen krank, gilt das Verbot der Kündigung im Krankheitsfall nicht mehr. Das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch, jedoch kann der Arbeitgeber die Kündigung leichter durchführen. Dazu muss der Arbeitgeber einen Antrag beim UWV stellen und plausibel machen, dass der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 26 Wochen wieder gesund wird und dass im Betrieb keine andere geeignete Tätigkeit durch Schulung oder sonstige Unterstützung zur Verfügung steht. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er seinen Wiedereingliederungspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer nachgekommen ist und somit alles getan hat, um die Genesung des Arbeitnehmers zu fördern.
In den Niederlanden haben grundsätzlich alle Angestellten bei unfreiwilliger Beendigung oder Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Übergangsgeld (transitievergoeding).
In den folgenden Situationen besteht kein Anspruch auf Übergangsgeld nach niederländischen Arbeitsrecht:
Das Übergangsgeld wird in den Niederlanden anhand von zwei Faktoren berechnet: der Höhe des Bruttomonatsgehalts und der Dauer der Beschäftigung. Die Berechnung des Bruttomonatsgehalts basiert auf dem Bruttomonatsgrundgehalt zuzüglich etwaiger Lohnbestandteile (wie beispielsweise Urlaubsgeld, Jahresendzulage, Zulagen, Prämien und Gewinnausschüttungen). Als Grundregel gilt, dass das Übergangsgeld 1/3 des Bruttomonatsgehalts für jedes volle Jahr der Beschäftigung beim (Rechtsvorgänger des) Arbeitgebers beträgt.
Das Übergangsgeld war beispielsweise im Jahr 2025 auf 98.000 € brutto begrenzt. Für Arbeitnehmer, die mehr als 98.000 € brutto im Jahr verdienen, kann das Übergangsgeld maximal ein Jahresgehalt betragen. Der Höchstbetrag wird jährlich angepasst.
Arbeitgeber können unter bestimmten Umständen die entstandenen Kosten von der Übergangsentschädigung abziehen. Dazu können beispielsweise Schulungskosten (Übergangskosten) gehören. In diesen Fällen handelt es sich um Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beendigung oder Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags, mit denen die Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers verhindert oder verkürzt werden soll.
Gegenwärtig hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die Übergangsvergütung, unabhängig davon, ob er im Rahmen eines befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrags beschäftigt war. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer eine zusätzliche angemessene Entschädigung verlangen, wenn der Arbeitgeber in schwerwiegender Weise schuldhaft gehandelt oder es unterlassen hat, zu handeln. Der Arbeitnehmer kann auch eine angemessene Entschädigung anstelle der Aufhebung der Kündigung durch den Arbeitgeber oder anstelle der Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses in der Berufungsinstanz verlangen.
Obwohl ein niederländischer Arbeitnehmer streng genommen keinen Anspruch auf die gesetzliche Übergangsabfindung hat, wenn die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden, bieten Arbeitgeber im Aufhebungsvertrag oft eine Abfindung an. Liegt kein Verschulden des Arbeitnehmers vor, entspricht diese Abfindung oft mindestens der gesetzlichen Übergangsabfindung, die Abfindung kann daher höher oder niedriger ausfallen.
Die Abfindung ist der Betrag, den ein Arbeitnehmer bei seiner Entlassung von seinem Arbeitgeber erhält. Seit dem 1. Juli 2015 gibt es in den Niederlanden zwei gesetzliche Arten von Abfindungen: die Übergangsentschädigung und die zusätzliche angemessene Entschädigung.
Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine Übergangsentschädigung, wenn er zum Zeitpunkt seines Austritts länger als zwei Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt war. Niederländische Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Höhe der Abfindung auch in gegenseitigem Einvernehmen festlegen und in einem zu schließenden Aufhebungsvertrag festhalten.
Eine angemessene Entschädigung in den Niederlanden ist eine zusätzliche Entschädigung, die auch dann zustande kommen kann, wenn dem Arbeitgeber ein erhebliches Verschulden für pflichtwidrige Handlungen oder Unterlassungen angelastet werden kann.
Wir stehen deutschen Unternehmen und Privatpersonen in den Niederlanden jederzeit für eine Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten für das niederländische Arbeitsrecht berät sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Häufig handelt es sich um rechtliche Beratung zu den Themen Kündigungsschutz, Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Krankheitsfall oder Kündigungsfristen. Bei Fragen zum niederländischen Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an unseren deutschsprachigen Anwalt Onno Hennis, Telefon +31 20 308 03 15.