Bauvertrag Niederlande: Die finanziellen Risiken einer ungerechtfertigten Kündigung eines Bauvertrags durch den Bauunternehmer
Kurz zusammengefasst
- Ein Bauunternehmer kann einen Werkvertrag nur in Ausnahmefällen einseitig kündigen; „schwierige Zusammenarbeit” oder Vertrauensbruch reichen in der Regel nicht aus.
- Eine ungerechtfertigte Kündigung stellt eine Vertragsverletzung dar und kann zu hohen Schadenersatzforderungen führen (Verzögerungen, höhere Fertigstellungskosten durch Dritte und Prozesskosten).
- Holen Sie rechtzeitig rechtlichen Rat ein, halten Sie Probleme schriftlich fest und legen Sie klare Rahmenbedingungen für den Auftraggeber fest.
Die Annahme eines Bauauftrags bedeutet für den Bauunternehmer eine ernsthafte, meist langfristige Verpflichtung. Doch was passiert, wenn ein Bauunternehmer die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber als belastend empfindet und den Vertrag vorzeitig kündigt? Eine vorschnelle oder unberechtigte Vertragsbeendigung kann schwerwiegende finanzielle Folgen haben. Unser Leiter des German Desks und Anwalt für deutsches und niederländisches Recht, Onno Hennis, erläutert Ihnen diese widerspenstige Praxis.
Einseitige Kündigung des Werkvertrags in den Niederlanden
Nach niederländischem Werkvertragsrecht, darf ein Bauherr jederzeit den Vertrag kündigen, auch ohne triftigen Grund (Artikel 7:764 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches, (BW, Burgerlijk Wetboek)).
Kündigung durch den Bauunternehmer in den Niederlanden
Im Gegensatz zum Auftraggeber hat der Bauunternehmer nur in bestimmten Fällen ein Kündigungsrecht.
Beispielsweise bei:
- Höherer Gewalt,
- Vertragsverletzung durch den Auftraggeber (z. B. Zahlungsverzug),
- oder Zustimmung des Auftraggebers,
Die Berufung auf „schwierige Zusammenarbeit” oder „Vertrauensbruch” ist grundsätzlich kein triftiger Grund, einen Vertrag einseitig zu kündigen oder aufzulösen. Kündigt der Bauunternehmer dennoch, wird dies in der Regel als Vertragsverletzung seinerseits angesehen.
Die finanziellen Folgen bei einseitiger Kündigung Niederlande
Kündigt der Bauunternehmer ohne triftigen Grund und stellt infolgedessen seine Arbeit ein, so gerät er in Verzug. Dies hat zufolge, dass der Bauunternehmer für Schäden des Auftraggebers haften kann. Je nachdem in welchem Zeitpunkt sich die Arbeiten befinden, kann der Bauunternehmer in Anspruch genommen werden:
- Schadensersatz wegen Bauverzögerung: Der Auftraggeber kann z. B. Miete für Ersatzräume oder Produktionsausfälle geltend machen.
- Mehrkosten durch Drittunternehmen: Der Auftraggeber kann auch die (in der Regel höheren) Kosten für die Fertigstellung der Arbeiten vom Bauunternehmer zurückfordern.
- Gerichtskosten und Anwaltsgebühren: Die Kosten für eventuelle Gerichtsverfahren können zu Lasten des Unternehmers gehen, wenn der Bauherr vor Gericht geht.
Niederländische Rechtsprechung: Beispiele aus der Praxis
Ein aktuelles Beispiel aus der niederländischen Rechtsprechung (Hof Arnhem-Leeuwarden, ECLI:NL:GHARL:2023:5860):
Der Bauunternehmer hat aufgrund von (wiederholten) Kommentaren des Auftraggebers seine Baumaterialien entfernt und stellt die Arbeiten ein. Seine Begründung: die Kommentare stellen für ihn einen Vertrauensbruch dar.
Das Gericht entschied:
Das allein reicht nicht aus, um einen Bauvertrag zu kündigen. Daher hat der Bauunternehmer seine vertraglichen Pflichten verletzt und ist schadensersatzpflichtig.
Ausnahmefall:
Nur wenn die Zusammenarbeit nachweislich unzumutbar ist und der Auftraggeber maßgeblich dafür verantwortlich ist (vgl. ECLI:NL:RBNHO:2020:11292), kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
Praxis Empfehlungen für Bauunternehmer in den Niederlanden
Bevor Sie sich entscheiden, einen Vertrag zu kündigen, empfiehlt sich:
- Juristische Beratung einholen Manchmal kann die Haltung eines Auftraggebers die Arbeit erschweren, aber dies bedeutet noch nicht, dass der Vertrag gekündigt werden kann. Dazu ist in der Regel eine Pflichtverletzung des Auftraggebers erforderlich. Dies ist vom Einzelfall abhängig. Lassen Sie prüfen, ob rechtlich eine Kündigung zulässig ist.
- Detaillierte Dokumentation führen Protokollieren Sie alle Probleme, Verzögerungen und Kommunikationsschwierigkeiten schriftlich.
- Fristen setzen Setzen Sie selbst Grenzen für die Handlungen des Auftraggebers, beispielsweise klare Fristen für die Lieferung der erforderlichen Informationen über den Entwurf oder die Abstimmung von Mehrarbeit.
- Kritische Punkte schriftlich festhalten So schaffen Sie Nachweise für Gespräche oder eine juristische Auseinandersetzungen.
Fazit
Wer als Bauunternehmer ohne triftigen Grund die Baustelle verlässt und den Vertrag kündigt, riskiert nicht nur seinen Ruf, sondern vor allem eine hohe Schadensersatzforderungen.
In vielen Fällen ist es wirtschaftlich sinnvoller, die Arbeiten zu Ende zu führen, als die hohen Kosten eines Dritten und zusätzliche Schadensersatzansprüche des Auftraggebers zu bezahlen.
Fragen zum Baurecht in den Niederlanden?
Sie sind Bauunternehmer und überlegen, einen Vertrag zu beenden? Haben Sie als Auftraggeber, Bauherr oder Beteiligter Fragen zum Bauvertragsrecht in den Niederlanden? Unser deutschsprachiger Ansprechpartner für deutsches und niederländisches Recht und Leiter des German Desk bei AMS Advocaten in Amsterdam, Onno Hennis, steht Ihnen gerne zur Verfügung. Herrn Hennis erreichen Sie unter onno.hennis@amsadvocaten.nl oder +31 20 308 03 15.