Haften Geschäftsführer für das Plündern eines Bankkontos einer niederländischen BV?
Wenn ein Unternehmen seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann, haftet dafür in den Niederlanden im Prinzip nur das Unternehmen. Anders sieht es aus, wenn die Geschäftsführer aktiv Handlungen vorgenommen haben, obwohl sie wussten, dass die Rückgriffsmöglichkeiten gegenüber dem Unternehmen dadurch beschränkt werden. In diesem Fall könnte in den Niederlanden durchaus eine Geschäftsführerhaftung gegeben sein. Der niederländische Rechtsanwalt für Unternehmensrecht Hidde Reitsma äußert sich dazu.
Vorschüsse auf eine Lizenzvergütung
In einer kürzlichen Rechtssache geschah Folgendes. BV X und BV Y schlossen einen Rahmenvertrag im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Zusammenarbeit. Zu dieser Zusammenarbeit gehörte ein möglicher Lizenzvertrag. Die Parteien vereinbarten, dass BV bereits vor diesem Lizenzvertrag eine monatliche Lizenzvergütung zahlen würde. Sollte der Lizenzvertrag doch nicht zustandekommen, so würde BV X die Vorschüsse zurückbekommen. Dies wurde ausdrücklich im Vertrag festgeschrieben.
Rechtsanwalt machte Geschäftsführer haftbar
BV X zahlte anschließend Vorschüsse von insgesamt € 1.639.550 an BV Y. Der Lizenzvertrag kam nicht zustande. Aber als BV X ihre Gegenpartei auf Rückzahlung klagte, war anscheinend kein Rückgriff auf BV Y mehr möglich. Dazu kam noch, dass der Saldo des Bankkontos, auf das alle Vorschüsse bezahlt wurden, € 0,00 betrug! Der Rechtsanwalt von BV X machte die zwei Geschäftsführer von BV Y Persönlich haftbar.
Voraussetzungen für Geschäftsführerhaftung in den Niederlanden
Für eine Geschäftsführerhaftung ist es in den Niederlanden erforderlich, dass den Geschäftsführer persönlich ein schwerer Vorwurf gemacht werden kann. In diesem Fall wurde BV X geschädigt, weil ihre Forderung nicht erfüllt wurde und uneinbringlich schien. In diesem Fall kann ein Geschäftsführer haften, wenn dieser Geschäftsführer (i) im Namen der Gesellschaft gehandelt hat oder (ii) herbeigeführt hat oder es zugelassen hat, dass die Gesellschaft ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt. Dies wird auch Beklamel-Rechtsprechung genannt.
Persönlich schwerer Vorwurf
Der Gerichtshof meinte in dieser Rechtssache, dass der zweite Fall vorlag: Die Handlungen der Geschäftsführer waren gegenüber BV X so sorgfaltswidrig, dass ihnen deshalb persönlich ein schwerer Vorwurf gemacht werden konnte. Die Geschäftsführer wussten nämlich, dass BV Y durch das Leeren des Bankkontos ihre Verpflichtung zur Rückzahlung der Vorschüsse nicht erfüllen und auch keine Rückgriffsmöglichkeit bieten können würde.
Niederländische Beklamel-Rechtsprechung bei Haftung der Geschäftsführer
Dazu kommt noch, dass die Geschäftsführer keine Erklärung abgegeben haben, wo sich das Geld nun befand. Sie hatten das Geld aktiv beiseite geschafft. Der Gerichtshof machte die Geschäftsführers daher für den Schaden von BV X haftbar, der in jedem Fall dem Betrag entspricht, den BV Y zurückzahlen hätte müssen.