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Der Zwangsverwalter haftbar beim Neustart in den Niederlanden

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Der Gerichtshof Den Bosch vertritt die Auffassung, dass ein Zwangsverwalter haftbar ist, weil er der übernehmenden Partei bei einem Neustart falsche Informationen erteilt hatte. Und zwar trotz der Tatsache, dass der Zwangsverwalter im Neustartvertrag seine Haftbarkeit größtenteils ausgeschlossen hatte. Sander Schouten, Fachanwalt für Insolvenzrecht in den Niederlanden, erläutert die Einzelheiten.

 

 

Haftbarkeit des Zwangsverwalters: wann?

Gemäß der Rechtsprechung kann ein Zwangsverwalter haftbar gemacht werden für seine Geschäftsführung bei der Abwicklung eines Konkursverfahrens. Dabei gilt der Maßstab, dass der Zwangsverwalter so handeln muss, wie es angemessenerweise von einem Zwangsverwalter verlangt werden kann, der genügend Einsicht und Erfahrung besitzt und seine Aufgabe mit Gewissenhaftigkeit und persönlichem Einsatz verrichtet.

Zwangsverwalter wickelt Konkurs ab

Bei der Ausübung seiner Funktion muss der Zwangsverwalter eine Vielzahl verschiedener, manchmal gegensätzlicher Interessen wahrnehmen, und bei seinen Entscheidungen – die sich häufig nicht ausstellen lassen – muss er auch unterschiedliche Belange gesellschaftlicher Art berücksichtigen. Die gezielte Abwicklung des Konkursverfahrens zählt jedoch nicht zu diesen wichtigen Belangen gesellschaftlicher Art. Bei der Beantwortung der Frage, ob der Zwangsverwalter haftbar ist, sind dabei auch die Umstände im Einzelfall zu berücksichtigen.

Auskunftspflicht des Zwangsverwalters

In der Sache vor dem Gerichtshof Den Bosch hatte der Zwangsverwalter mit zwei Konkursverfahren von Unternehmen zu tun, bei denen der Zwangsverwalter einen Neustart realisiert hat. Der Zwangsverwalter hat dem Kaufanwärter per E-Mail mitgeteilt, dass ihm die Parteien mit einem Pfandrecht auf die Güter die Genehmigung zum Verkauf der Güter – einschließlich mehrerer Maschinen – erteilt hatten. Der Kaufanwärter hat (unter anderem) darauf hingewiesen, dass er bestimmte Maschinen für den geplanten Neustart benötigte. Diese Maschinen waren übrigens auch in einem vom Zwangsverwalter vorgelegten Bericht enthalten, in dem alle Güter der Unternehmen von einem Gutachter beschrieben wurden.

Haftungsausschluss des Zwangsverwalters

Der Zwangsverwalter hat im Neustartvertrag beispielsweise spezifiziert, dass er keine Garantie in Bezug auf den Zustand erteilt, in dem sich die übertragenen Güter befinden, und auch nicht in Bezug auf den Umfang der Güter, einschließlich der Maschinen und Vorräte, die übertragen werden sollten. Zudem hat der Zwangsverwalter im  Vertrag Die Urkunde, worin ein Vertrag zwischen den Parteien begründet wird. In weiterem Sinn wird damit auch der Vertrag selbst bezeichnet.
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für eventuelle Eigentumsansprüche von Dritten ausgeschlossen. Der Vertrag enthält zudem auch die Bestimmung, dass vom Zwangsverwalter nicht verlangt werden kann, sich mit dem gesamten tatsächlichen und juristischen Status der Güter auszukennen. Derartige Haftungsbeschränkungen von Zwangsverwaltern kommen in der Praxis häufig vor.

Schadenersatz für den Käufer beim Neustart?

Der Neustart ist dann erfolgt und am Tag nach dem Neustart stellte sich heraus, dass die vom Käufer verlangten Maschinen nicht zur Konkursmasse gehörten und somit auch nicht vom Zwangsverwalter übertragen werden konnten. Für die Übernahme der Maschinen musste nun noch ein Betrag von etwa € 200.000,00 an die Leasinggesellschaft bezahlt werden. Daraufhin forderte der Käufer in einem Verfahren den Erlass eines Feststellungsurteils dahingehend, dass der Zwangsverwalter in schuldhafter Weise seine Pflichten bei der Vertragsgestaltung Nicht erfüllt Sind Sie neugierig über die Bedeutung von nicht erfüllt? AMS Advocaten erklärt es.
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hatte und demnach für alle dadurch erlittenen Schäden haftbar war. In erster Instanz hatte das Gericht die entsprechenden Forderungen abgewiesen. Der Gerichtshof war jedoch mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und verurteilte den Zwangsverwalter zur Schadenersatzleistung an den Käufer.

Der Zwangsverwalter und die erforderliche Sorgfalt

Der Gerichtshof hat dabei mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass der Zwangsverwalter seiner Meinung nach genügend Zeit hatte, um sich über den rechtlichen Status der Maschinen zu informieren, insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Käufer bereits in einem sehr frühen Verhandlungsstadium mitgeteilt hatte, dass die Übertragung der Maschinen im Rahmen des Neustarts für ihn ausschlaggebend waren. Hinzu kommt, dass die Maschinen auf dem Gelände des zahlungsunfähigen Unternehmens standen und in dem Gutachten als nicht geleaste Maschinen aufgeführt waren. Der Zwangsverwalter hätte somit auch dafür sorgen müssen, dass die Maschinen der Konkursmasse zugerechnet wurden, oder er hätte das Angebot des Käufers nicht ohne weiteres akzeptieren dürfen. Somit hat der Zwangsverwalter seine Vertragspflichten gegenüber dem Käufer verletzt.

Rechtsanwalt  für Insolvenzrecht in den Niederlanden

Bei Streitfällen mit einem Zwangsverwalter ist es wichtig, dass Sie sich gut über die entsprechenden Möglichkeiten beraten lassen. Die Rechtsanwälte von AMS haben sehr viel Erfahrung mit dem Insolvenzrecht sowie mit der Beratung und Prozessführung im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren gegen Zwangsverwalter. Weitere Einzelinformationen erhalten Sie gern unverbindlich von einem unserer Rechtsanwälte.

Sander Schouten

Sander Schouten

Sander ist seit 2001 als Rechtsanwalt zugelassen. Am Beginn seiner Berufstätigkeit war er für mittelgroße Anwaltskanzleien in Amsterdam tätig. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen bei der Beratung in gesellschaftsrechtlichen, insolvenzrechtlichen und arbeitsrechtlichen Fragen. Folgen Sie Sander auf LinkedIn.

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