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Gestörte Beziehungen in der Hauptversammlung und im Vorstand: Enquête-Verfahren?

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Bei einem kürzlich durchgeführten Enquête-Verfahren ging es darum, dass sich die beiden Gesellschafter eines Unternehmens in keiner Weise einigen konnten. Unstrittig waren lediglich die stark gestörten Beziehungen untereinander. Dies war für die Unternehmenskammer also eine einfache Argumentation dafür, die Prüfung der Vorgänge im Unternehmen anzuordnen. Wir funktioniert ein Enquête-Verfahren nun eigentlich und was ist bei einer Pattsituation im Vorstand oder der Gesellschafterversammlung außerdem zu tun? Marco Guit, Fachanwalt für Gesellschaftsrecht in den Niederlanden, erläutert dies.

 

Zwei gleichgestellte Vorstandsmitglieder, die beide auch Gesellschafter sind

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an einem Unternehmen und sind zugleich die beiden die einzigen Vorstandsmitglieder. Dies bedeutet, dass jederzeit eine Pattsituation entstehen kann. Wenn die eine Partei einen Vorschlag der anderen Partei blockiert und umgekehrt, gibt es keine entscheidende Stimme, die die festgefahrene Situation aufheben kann. In diesem Fall kann die Unternehmenskammer in Amsterdam eingeschaltet werden. Einer der Gesellschafter hat ein Enquête-Verfahren eingeleitet, eine entsprechende Prüfung beantragt und um die Entlassung des anderen Vorstandsmitglieds gebeten.

Pattsituation in der Hauptversammlung aufgrund gestörter Beziehungen

Bei dem Verfahren haben die Gesellschafter einander die Verantwortung für die gestörten Beziehungen im Wechsel gegenseitig zugeschoben, was ein tiefes Misstrauen zwischen ihnen geschürt und zu einer Pattsituation in der Hauptversammlung und im Vorstand geführt hat. Die schwere Störungen der gegenseitigen Beziehungen steht also an sich nicht zur Debatte. Daraus ergeben sich gute Gründe, um die ordentliche Geschäftsführung und -Leitung im Unternehmen anzuzweifeln. Daher hat die Unternehmenskammer eine entsprechende Untersuchung angeordnet.

Die Unternehmenskammer entlässt das Vorstandsmitglied

Zudem hat die Unternehmenskammer einige sofortige Entscheidungen getroffen, um die Pattsituation (vorübergehend) zu beheben. In diesem Zusammenhang wurde beispielsweise ein Vorstandsmitglied suspendiert und die Unternehmenskammer hat ein neues Vorstandsmitglied eingesetzt, das unter allen Umständen eine entscheidende Stimme hat und die alleinige Befugnis zur Vertretung des Unternehmens besitzt. Schließlich wurden auch die Beziehungen in der Hauptversammlung unter die Lupe genommen. Beide Gesellschafter mussten jeweils einen ihrer Anteile einem Verwalter übertragen. Auf diese Weise wurde die Beschlussfähigkeit gewährleistet.

Die Interessen der Gesellschaft haben auf jeden Fall Priorität!

Bei Uneinigkeiten zwischen den Vorstandsmitgliedern/Gesellschaftern ist wichtig, dass jedes Vorstandsmitglied/jeder Gesellschafter seine eigenen Interessen als Gesellschafter deutlich von seinen Aufgaben als Vorstandsmitglied trennt, wobei die Belange der Gesellschaft auf jeden Fall Vorrang haben. Die Kernaufgabe der Vorstandsmitglieder besteht in der Vertretung der Interessen der Gesellschaft. Wenn ein Vorstandsmitglied jedoch unmittelbare oder indirekte persönliche Belange hat, die den Interessen der Gesellschaft zuwiderlaufen, sollte sich das fragliche Vorstandsmitglied von den entsprechenden Beschlüssen fernhalten (Artikel 2:239 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Niederlande). Wenn dies bedeutet, dass der Vorstand keine Beschlüsse fassen kann, wird der fragliche Beschluss vom Aufsichtsrat beziehungsweise von der Hauptversammlung gefasst.

Den erzwungenen Austritt eines Mitgesellschafters fordern

Neben dem Enquête-Verfahren gibt es noch andere Möglichkeiten in den Niederlanden für Gesellschafter, die sich in einer Konfliktsituation befinden. Gesellschafter (die zusammen mindestens ein Drittel der Anteile in der Gesellschaft halten müssen) können fordern, dass ein Gesellschafter, „der durch sein Verhalten den Interessen der Gesellschaft so schadet, dass seine weitere Tätigkeit als Gesellschafter vernünftigerweise nicht geduldet werden kann”, seine Anteile erzwungenermaßen übertragen muss (Squeeze-out). Zudem kann ein Gesellschafter, der durch das Verhalten seiner Mitgesellschafter „so in seinen Rechten oder Interessen beeinträchtigt wird, dass seine weitere Tätigkeit als Gesellschafter vernünftigerweise nicht mehr von ihm verlangt werden kann”, fordern, dass seine Anteile von den anderen Gesellschaftern (erzwungernermaßen) übernommen werden (Buy-out).

Marco Guit

Marco Guit

Marco berät und führt Prozesse vor allem in den Bereichen Immobilienrecht, Baurecht, Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht und Insolvenzrecht. Folgen Sie Marco auf LinkedIn.

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